Die indigenen Völker Perús

In der Geschichte Lateinamerikas gibt es viele Erzählungen, die nichts anderes sind als reine Propaganda der westlichen Zivilisationen. Eine davon lautet: Als die Spanier den Kontinent eroberten, trafen sie auf eine primitive indigene Bevölkerung. Diese wurde entweder in Kriegen auf Grund unterlegener Technik abgeschlachtet, als Arbeitssklaven in Bergbau und Plantagenwirtschaft vernichtet oder durch vorher unbekannte Krankheiten dezimiert. Das Ergebnis: ein leerer Kontinent ohne Besitzer, auf dem die Europäer Kultur, Wirtschaft und Staaten neu aufbauten.

Diese Erzählung ist eine Lüge. Zwar hat es alle diese Erscheinungen gegeben, aber die Wahrheit ist viel komplizierter. Tatsächlich hat es immer eine gewisse Anzahl indigener Bevölkerung gegeben. Trotz fünf Jahrhunderte kolonialer Repression und kultureller Ausgrenzung gibt es bis heute viele indigene Gruppen, die ihre Sprachen, ihre Kultur und ihre Lebensräume bewahrt haben. Wahr ist aber auch: diese Völker sind sozial ausgegrenzt, ihre Kultur wird bekämpft, ihre Sprachen sind bedroht.

In den letzten Jahrzehnten hat sich allerdings in Lateinamerika zumindest in einigen Teilen der Gesellschaften ein Sinneswandel vollzogen. Das indigene Selbstbewusstsein ist erwacht. Nicht zuletzt seit den politischen Erfolgen des bolivianischen Präsidenten Evo Morales ist offenbar geworden: sie sind noch da, die „Indios“, sie existieren. Und sie beginnen sich als politische Macht zu organisieren. Wobei man gewisse Teile dieser politischen Bewegungen nicht romantisieren sollte. Gemessen an europäischen Maßstäben gibt es durchaus nationalistische Auswüchse, patriarchale Strukturen bis hin zu offenem Rassismus. Repression hat eben viele negative Konsequenzen…

Ich kann an dieser Stelle nicht die komplexen (und sublimen) sozialen Ausgrenzungen der indigenen Bevölkerungsgruppen in der peruanischen Gesellschaft nachzeichnen, aber trotzdem an dieser Stelle mal ein ungefährer Überblick über die indigenen Ethnien Perús. Aussagen über den tatsächlichen Anteil dieser Gruppen an der peruanischen Bevölkerung sind naturgemäß schwierig. Das hängt vor allem mit den Kriterien zusammen, die man anlegt, und an den Unterschieden zwischen Selbst- und Außenansicht.

Wie viele also sind es? Mehr als man gemeinhin annimmt jedenfalls. Die Zahlen bewegen sich zwischen 14 und 30 Prozent der knapp 30 Millionen Peruaner. Insgesamt, so das Instituto Nacional de los Pueblos Andinos, Amazónicos y Afroperuanos (INDEPA) – Nationales Institut der andinen, amazonischen und afroperuanischen Völker – gibt es in Perú 77 Ethnien, 68 Sprachen und 16 so genannte ethnolinguistische Familien. Hier die wichtigsten.

Die Quechua-Völker
Die größte indigene Gruppe sind die Quechua und sich ihrerseits wieder in diverse Untergruppen teilen. Insgesamt handelt es sich um etwa 8 Millionen Menschen, die hauptsächlich in den Hochebenen und Tälern der Anden Perús, Boliviens und Ecuadors leben. Die Quechua verstehen sich als direkte Nachfahren der Inka. Der Name leitet sich ab von der Sprachfamilie Quechua, deren einzelne Sprachen recht unterschiedlich sein können, vergleichbar mit der linguistischen Systematik zb der romanischen Sprachen. Insgesamt gibt es über 20 Varietäten. Im 20 Jahrhundert ist die Zahl der Sprecher gesunken, da nun die spanischsprachigen Schulen bis in die letzten Ecken des Landes reichten. In Perú sollen über drei Millionen Quechua leben. Aus dem Quechua stammen viele Namen von Städten, Dörfern, Flüssen und Bergen aber auch Früchten, Tiere usw. Die bekanntesten Quechua-Lehnworte im Deutschen sind der Kondor (v. kuntur), das Lama, der Puma oder Coca.

Hier ein Video mit der peruanischen Sängerin Yma Sumac, die auf Quechua singt.

Infos über Quechua auf Spanisch:
Wikipedia auf Quechua

Die Aymara
Nach dem Zensus von 2007 soll es in Perú eine halbe Million Sprecher des Aymara geben. Hauptsiedlungsgebiet in Perú ist die Region rund um das westliche Ufer des Titicaca-Sees. Auch hier gibt es wieder Untergruppen, wie die Lupacas oder die Uru, deren Sprache wohl ausgestorben ist. Andere Sprachen stehen kurz davor und werden von internationalen Organisationen versucht zu bewahren. Die Geschichte dieser Gruppen soll bis in die Zeit vor den Inka zurückreichen.

Die Amazonas-Völker
Ich fasse jetzt mal grob zusammen, denn Perú ist das Land mit dem größten Anteil am Amazonasbecken nach Brasilien. In diesen abgelegenen Regionen haben sich viele unterschiedliche Sprachen und Völker entwickelt, die bis heute nicht vollständig erforscht sind. Die größte Gruppe sind die Aguaruna, die 45.000 Menschen zählen und an der Grenze zu Ecuador leben. Andere Ethnien sind wesentlich kleiner bis hin zu den Tacana, die nomadisch und verstreut im peruanischen Regenwald leben und 600 Menschen zählen.

Die Grafik verdanke ich Herrn Bruder vom Freundeskreis Peru Amazónico, der sie seinerseits bei einem Besuch an der Universität in Pucallpa fotografiert hat.

Randnotiz: In Perú sollen 1.500 Deutsche leben.

Infos auf Spanisch zur ethnischen Vielfalt Perús

Literarischer Andenkrimi: Roter April von Santiago Roncagliolo

Fundstück aus dem Ramsch bei Zweitausendeins: deutsche Ausgabe des Romans Abril Rojo (Roter April) des peruanischen Autors Santiago Roncagliolo, erschienen 2008 in deutscher Übersetzung bei Suhrkamp.

Im Grunde handelt es sich um eine Art Kriminalroman, der in der Andenmetropole Ayacucho im Frühjahr 2001 spielt. Im Kern geht es um den Versuch eines untergeordneten Bezirksstaatsanwalts eine brutale Mordserie aufzuklären. Bei seinen Ermittlungen gerät er in die Abgründe der peruanischen Geschichte – jene Jahre des Terrors und Gegenterrors in den Anden zwischen 1985 und 2000. Die Massaker und Gräuel der kommunistisch-maoistischen Organisation Sendero Luminoso auf der einen und den Staatsterror mit Tod und Folterungen von Militär und Geheimpolizei auf der anderen Seite.

Der Staatsanwalt glaubt an das geschriebene Recht und wird schnell eines Besseren belehrt. Die wahre Macht geht von undurchsichtigen Militärs aus, die für die Landbevölkerung nur Verachtung übrig haben und vor keinem Mittel zurückschrecken, um die Aktionen von Resten des Sendero zu unterbinden. Der Autor schildert drastischen Szenen, die man allerdings angesichts der tatsächlichen Brutalität der Geschehnisse als realistisch einstufen muss. Pittoresker Hintergrund des gesamten Szenarios bilden die exzessiven Osterfeierlichkeiten in Ayacucho mit ihrer Mischung aus inbrünstigem Katholizismus und der mystischen Feierkultur der indigenen Bevölkerung der Anden.

Insgesamt eine empfehlenswerte Lektüre, eine literarisch sehenswerte und würdige Aufarbeitung dieser dunklen Jahre.

Roncagliolo, geboren 1975 in Lima, lebt seit Jahren in Spanien und hat diverse Romane, Novellen und Stücke für Film und Fernsehen geschrieben. Abril Rojo wurde in mehrere Sprachen übersetzt.

Deutsche NGOs in Perú

Perú ist ein bitterarmes Land, trotz der wirtschaftlichen Erfolge der letzten Jahre. Zum Vergleich: Mit fast 30 Millionen Einwohnern erwirtschaftet das Land das halbe Bruttoinlandsprodukt von Baden-Württemberg. Die Lebensbedingungen vieler Menschen sind erbärmlich, 30 Prozent gelten als arm, 10 Prozent als sehr arm. Es gibt nach wie vor Regionen wie das VRAEM, wo jedes zweite Kind als unterernährt gilt.

Die Reichtümer sind ungerecht verteilt, der Staat ist schwach in El Perú. Die Steuerquote liegt bei vielleicht 20 Prozent, der Anteil der Schattenwirtschaft ist hoch. Die neoliberale Wirtschaftspolitik hat in den letzten Jahren zwar zu einer positiven Entwicklung bei der Leistungsbilanz geführt, aber eine nachhaltige Strategie vor allem durch Förderung des ländlichen Raumes hat im Grunde nicht stattgefunden. Stattdessen ist das Land abhängig von den Weltmarktpreisen für Rohstoffe, die mit gigantischen Minenprojekten ohne Rücksicht auf Umwelt und Bewohner gefördert und exportiert werden. Perú ist der größte Produzent von Zink, Silber und Kupfer in Lateinamerika und der zweitgrößte weltweit.

In den letzten Jahren haben die Konflikte bei der Umsetzung von Minenprojekten stark zugenommen. Die Landbevölkerung ist nicht mehr bereit, die fatalen Umweltfolgen in riesigen Gebieten hinzunehmen. Sie sehen ihre karge Lebensgrundlage bedroht und wollen sich nicht in die Slums des Molochs Lima treiben lassen Die Proteste wurden zuletzt immer gewalttätiger, es gab Vorfälle mit dutzenden Toten. Der Staat hat allerdings reagiert: es wurde inzwischen ein Gesetz verabschiedet, das die Mitwirkung betroffener indigener Bevölkerungsgruppen bei der Umsetzung solcher Projekte vorsieht. Wie sich das in der Praxis entwickelt steht auf einem anderen Blatt.

Die ärmliche Situation der peruanischen Landbevölkerung in den Anden und im Amazonasgebiet lässt vielen Menschen aus dem kirchlichen und globalisierungskritischen Umfeld keine Ruhe. Sie versuchen seit Jahren direkt zu helfen, vor Ort, mit den Bewohnern. Versuchen Bildungs- und Gesundheitsprojekte anzuschieben, nachhaltige Landwirtschaft zu verbreiten, die Weiterverarbeitung und Vermarktung von Agrarprodukten zu organisieren usw. usf.

Ich kann jetzt keine vollständigen Überblick geben über derartigen Aktivitäten, die sicherlich obendrein nicht alle im Web abgebildet sind, aber ich habe mich mal ein bisschen umgeschaut und erste Ansatzpunkte recherchiert.

Freundeskreis Peru-Amazonico
Beginnen will ich mit dem Freundeskreis Peru-Amazonico, der von Eugen Bruder geleitet wird, einem Agraringenieur und ehemaligen Entwicklungshelfer. Der Freundeskreis unterstützt seit Jahren in Nordperu diverse Projekte mit Rat und Tat und Spenden. Außerdem werden ständig Transporteure für ein bestimmtes Medikament gesucht, das in Perú zum zehnfachen des deutschen Preises gehandelt wird. Es handelt sich um einen Wirkstoff gegen eine lepraartige Krankheit, die durch Stechfliegen übertragen wird. Wer also ein-zwei Kilo im Koffer frei hat … Wie es der Zufall will: Herr Bruder hatte mit uns via Facebook Kontakt aufgenommen. Jetzt werden wir ihn kennenlernen. Denn am Sonntag 4. November findet im Haus des Waldes in Stuttgart-Degerloch ein Amazonien-Tag statt. Dort hat der Freundeskreis einen Info-Stand, bietet peruanisches Mittagessen an und das Wurfspiel Sapo.

Weitere Infostellen von Hilfsprojekten und Nachrichten im Web in deutscher Sprache

  • Ein Webring mit deutschsprachigen Seiten zum Thema Perú
  • Informationsstelle Peru – Netzwerk deutscher Solidaritätsgruppen mit Peru
  • Aktuelle Infos aus El Perú in deutscher Sprache InfoAmazonas.de
  • Import und Handel mit nachhaltig produziertem Kaffee aus den peruanischen Anden
  • Berichte von den Protesten gegen Minenprojekte
  • Bericht bei ADVENIAT (bischöfliches Lateinamerika-Hilfswerk der Katholischen Kirche in Deutschland): Ein deutscher Bischof besucht erschüttert ein „normales“ peruanisches Gefängnis, begleitet von einem deutschen Gefängnisgeistlichen
  • Analyse der politischen Situation in dem lateinamerikanischen Infodienst amerika21.de vom Oktober 2011 nach der Übernahme der Präsidentschaft durch Ollanta Humala im Juli.
  • Wom-Blog: Nachrichten aus Lateinamerika – Kategorie Perú
  • Quetztal – Nachrichten aus Lateinamerika – Kategorie Perú
  • Peru-Bericht von Amnesty International: Berichte von Polizeiübergriffen bei Protesten gegen Minenprojekte. Außerdem wird die nachlässige Strafverfolgung von Militärangehörigen kritisiert, die während des staatlichen Gegenterrors Massaker und Menschenrechtsverletzungen zwischen 1986 und 2000 zu verantworten haben.
  • Bei Reporter Ohne Grenzen gibt es keine Einträge zu in Perú verhafteten Einzelpersonen. Die vorhandenen Meldungen hier beziehen sich in der Mehrzahl auf Attacken gegen Journalisten aus dem kriminellen Milieu im Zusammenhang mit der Berichterstattungen über den Drogenhandel oder die umstrittenen Minenprojekte. Andererseits gerät die Pressefreiheit durch diverse Prozesse in Gefahr, die von kritischer Berichterstattung betroffene Politiker gegen Journalisten auf dem Wege des Zivilrechts anstrengen. Die Prozesse enden teilweise mit haarsträubenden Urteilen. Hier ein paar Fälle aus den letzten Jahren in englischer Sprache.

Fotoalbum aus dem Juni 2009 mit Dokumenten über die mit erheblicher Polizeigewalt aufgelösten Proteste (inklusive Straßensperren) gegen ein Minenprojekt in Bagua. Insgesamt gab es seinerzeit 33 Tote darunter 23 Polizisten. Zwei Generäle der Nationalpolizei wurden inzwischen verurteilt.

Lima: Zwei Tote bei Revolte von Kleinhändlern

In Lima hat es gestern schwere Straßenschlachten mit zwei Toten und fast einhundert Verletzten gegeben. Die Auseinandersetzungen zogen sich den ganzen Nachmittag und den Abend hin. Steinhagel, Barrikadenbau, Einsatz von Reiterstaffeln, Schlagstöcken und Schusswaffen, Plünderungen und Festnahmen – der Krawall war immens.

Der Hintergrund ist mir nicht in allen Details klar, aber der Konflikt schwelt schon seit Wochen. So wie ich es verstanden habe, geht es um die Verlegung eines Marktes. Wenn man sich die Satellitenbilder auf Google Maps anschaut, erkennt man deutlich die drei Areale mit hunderten von kleinteiligen Marktständen. Diese sollten zumindest teilweise an einen anderen Ort verlegt, wogegen sich die aktuellen Kleinhändler (daher mercado minorista) massiv zur Wehr setzen, zunächst mit vielen Protestaktionen.


Größere Kartenansicht

Nachdem mehrere Ultimaten der Behörden verstrichen waren, sollte nun gestern der Bereich unter Einsatz von Polizeikräften „friedlich“ geräumt werden. Daraus wurde nichts, im Gegenteil. Die Lage eskalierte enorm und griff auf benachbarte Stadtviertel über. Offenbar musste sich die Polizei angesichts des immensen Widerstandes zeitweilig aus dem Gebiet zurückziehen, um dann mit insgesamt 5.000 Einsatzkräften und massivem Gewalteinsatz die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen. In dieser Zeit kam es in dem angrenzenden Emporio Comercial de Gamarra, einem Handelszentrum für Textilien, zu umfangreichen Plünderungen.

[Ganz interessant: die peruanische Designszene startet Versuche in diesem quirligen Viertel. Schöne Website. Sehr gute Infos über das Textilviertel Gamarra, in dem über 50.000 Menschen arbeiten, in diesem Artikel von InfoAmazonas.de]

Die limeñischen Medien bringen die Straßenschlachten in dem Stadtteil La Parada in großen Aufmachern und schrecken vor drastischen Bildern nicht zurück. Von den Ausschreitungen selbst gibt es umfangreiches Videomaterial, das gnadenlos ausgestrahlt wird. Hier drei Beispiele. Die Kameraleute scheinen ziemlich unerschrocken zu sein und drehen im heftigsten Steinhagel weiter, ja, zerren verletzte Polizisten in Sicherheit. Man erkennt deutlich, dass die Polizisten ihrerseits mit Steinwürfen auf die Attacken der Händler und ihrer Tagelöhner – und was sonst an vandálicos, so die Sensationspresse, die Gelegenheit genutzt hat – reagiert.

[Wenn die folgenden zwei Videos nicht angezeigt werden, bei Interesse mal gehen zu Perú.com. Dort alle Artikel (Videosymbol!) zum Vorfall, es sind allein auf dieser Seite mehr als ein Dutzend.]

Der Anbau und die Produktion von Kokain in Perú

Perú ist heute neben Kolumbien der größte Produzent von Kokain in Südamerika. Mehrere Dutzend Clans in den östlichen Andentälern teilen sich das Geschäft auf. Der Staat greift zu immer härteren Methoden, den Kokainbusiness zu stören. Die Kokainmafia ihrerseits wird immer gewalttätiger. Im Folgenden ein paar Fakten über den Kokainanbau in Perú

Eine Droge zerstört Südamerika: Kokain. Die Beispiele für die verheerenden Konsequenzen sind Legion. Kolumbien ist zwischen 1980 und 2000 in einen Bürgerkrieg abgerutscht, als sich die Kokabarone des Staates bemächtigen wollten und die diversen Guerillas sich zu veritablen Großproduzenten und Schmugglern aufschwangen. Mexiko versinkt in mörderischen Bandenkriegen, die sich mit ihrer Kultur der Gewalt immer tiefer in die Zivilgesellschaft hineinfressen .

Die Frage ist: kommt Perú als Nächstes?

Noch ist es einigermaßen ruhig, aber das kann sich schnell ändern. Erst letzte Woche wurden in den Andenprovinzen von so genannten narcoterroristas

  • zwei Hubschrauber der staatlichen Gasgesellschaft in die Luft gejagt, die auf einem Privatflugplatz standen. Der wird auch von den Anti-Drogenkommandos der peruanischen Armee genutzt.
  • zwei Polizisten bei einem Anschlag getötet. Die Attentäter verübten einen Sprengstoffanschlag auf ihren Polizeiwagen.

Aber wie ist der Drogenanbau und -schmuggel eigentlich organisiert in Perú? Welche Ausmaße hat das Problem?

Dazu sind wir auf eine umfangreiche Recherche der Reporter von IDL gestoßen, einer Gruppe von unabhängigen Journalisten, die grade erst einen renommierten Preis für investigativen Journalismus in Lateinamerika gewonnen haben.

Aus diesem Dossier ergibt sich folgendes Bild:

  • Perú ist heute neben Kolumbien mit einer Jahresproduktion von etwa 300-400 Tonnen der größte Kokainproduzent der Welt.
  • Insgesamt wird die Anbaufläche in Perú auf etwa 60.000 Hektar geschätzt.
  • In den Andentälern der Flüsse Apurimac, Ene und Mantaro – dieses Gebiet wird als VRAEM (Valle del Río Apurímac, Ene y Mantaro) bezeichnet – werden auf etwa 20.000 Hektar Kokain im lokalen Wert von 200 Mio USDollar produziert.
  • Den Anbau und die Vorproduktion der Kokapaste teilen sich im VRAEM 16 Clans untereinander auf, die jeweils 300 bis 500 Kilo der Droge pro Monat herstellen.
  • Ein weiteres Hauptanbaugebiet liegt in der Hochebene von Huallaga, mit einer Jahresproduktion von 90 Tonnen.
  • Das Kokain wird auf verschiedenen Routen nach Norden (Kolumbien) und Süden (Bolivien) geschmuggelt. Es kommen Rucksackträger zum Einsatz, aber auch Lastwagen werden entsprechend umgebaut. Über Landepisten im Dschungel wird ein reger Flugverkehr mit kleinen Propellermaschinen abgewickelt mit bis zu drei Starts pro Tag, die bis zu einer halben Tonne Ladung transportieren können.
  • Wenn der Preis für Kokain in Huallaga indiziert 1 beträgt, so steigt er auf 11, wenn er in Mexiko landet. In Spanien dann auf 45 und in Russland auf 109.

Der peruanische Staat reagiert. Hatte er bis 2006 fast völlig die Kontrolle über VRAEM verloren, besserte sich die Lage durch massiven Einsatz von Spezialkräften etwas – mit all den verheerenden Nebenwirkungen, die der unbarmherzige Kampf gegen die „Drogenterroristen“ – narcoterroristas – unter den Bewohnern der betroffenen Gebiete immer wieder fordert.

Trotzdem: Perú bekommt die Lage nur oberflächlich in den Griff. Die Reste von Sendero Luminoso haben den Drogenanbau und -schmuggel als wirksames Mittel entdeckt, ihre Kassen aufzubessern. Angeblich sollen sie schon 30 Prozent des Kokainhandels „kontrollieren“ – also vor allem Schutzgeld von den Clans erheben – angeblich im VRAEM bis zu 100.000 USD pro Monat.

Der Kampf gegen die Droge in den Anden ist allerdings schwierig, denn coca ist fest in die Alltagskultur der andinen Gesellschaften verwurzelt, auch wenn der Genuss der stimulierenden Pflanzenblätter in präkolumbianischen Zeiten religiösen Eliten vorbehalten war. Das hat sich geändert und Coca kann als Volksdroge in den Andenstaaten bezeichnet werden. Der traditionelle Genuss vor allem als Tee bzw. in zerkauter Form ist mehr oder wenig erlaubt. Vor allem durch den Aufstieg des Kokabauern Evo Morales zum Präsidenten von Bolivien hat sich die Sicht auf den traditionellen Kokaanbau verändert.

Tee mit Blättern des Cocastrauches

Coca tea

Die Hauptanbaugebiete von Coca in Perú


Anbaugebiete Kokain Perú auf einer größeren Karte anzeigen