Facebook in Perú: die 20 größten Fanpages

Was sagt eine Liste der 20 erfolgreichsten Facebook-Pages über ein Land? Ich finde, so einiges. Welche Leidenschaften, welche marktdurchdringenden Konsumgüter, welche Institutionen auf dieser Liste erscheinen – es lässt tief blicken in die Alltagskultur einer Gesellschaft. Noch nicht über zeugt? Hier die Liste…

Auf der Basis einer Auswertung eines peruanischen Marktforschungsinstituts habe ich mir die erfolgreichsten peruanischen Seiten bei Facebook angeschaut. Facebook ist in Perú noch beliebter als in Deutschland. Nach den in der Studie genannten Zahlen haben sich 9,5 Millionen PeruanerInnen dort angemeldet, also über ein Drittel der Bevölkerung. In Deutschland sollen sich aktuell etwa 23 Millionen registriert haben – 28 Prozent.

Hier die Liste, die einen ganz interessanten Einblick in die Wünsche der peruanischen Gesellschaft geben, vor allem natürlich der jungen Leute unter 24, die die Hälfte der peruanischen Facebook-Nutzerinnen stellen. Übrigens: Die Geschlechter sind fast gleich stark in dem Sozialen Netzwerk vertreten.

1. Al Fondo hay Sitio – 1,4 Mio Fans www.facebook.com/AFHSTV
Klassische Telenovela, die seit März 2009 ausgestrahlt wird. Titel in etwa: Hinten hat es noch Platz. Ein Großteil der Spannung bezieht die Serie aus dem Gegensatz zwischen Stadt und Andenhochland, denn es treffen zwei Familien unterschiedlicher Herkunft aufeinander: Zum einen die Familie Gonzales, die auf Grund einer Erbschaft aus den Bergen in eine exklusive Wohngegend Lima gezogen ist. Zum anderen ist da die Familie Maldini, Mitglied der versnobten reichen Oberschicht, die sich ob der neuen Nachbarn jedes Mal auf Neue mokiert. Hier prallen Welten aufeinander, eine Situation, mit der sich die Peruaner offenbar identifizieren können. Gleichzeitig sieht man hier ein Muster bestätigt, das man aus anderen Ländern mit vergleichbarer Sozialstruktur kennt: das (zumeist arme) Publikum schätzt die vermeintlichen Einblicke in die bessere Gesellschaft – eine Welt, die ihnen im Alltag verschlossen bleibt. Und sieht dann, dass dort zwischenmenschlich ebenfalls einiges im Argen liegt.

2. Cua Cua – 1,2 Mio Fans www.facebook.com/cuacuakraft
Die Seite ist ziemlich schrill und man versteht zunächst gar nicht so richtig, worum es eigentlich geht. Bei Cuac Cuac (deutsch: Quak-Quak) um einen Schokoriegel des US-Nahrungsmittelkonzerns Kraft. Um die Entenfigur ist außerdem, forciert durch deren Marketing, so eine Art Tanzkult entstanden, vergleichbar mit dem aktuellen Phänomen Gangnam Style. Bei YouTube finden sich jedenfalls entsprechende Videos mit über 20 Millionen Ansichten . Hier ein Beispiel.

3. Cineplanet – 1,2 Mio Fans www.facebook.com/cineplanet
Eine Kette mit Multiplexkinos, die in ganz Perú präsent ist. Ich zähle 20 Standorte. Im Programm ausschließlich die hinlänglich bekannte, weltweit erfolgreiche Hollywood-Ware.

4. Movistar – 1,2 Mio Fans www.facebook.com/movistarperu
Telefongesellschaft, die in ganz Südamerika präsent ist. Es handelt sich um ein Unternehmen der spanischen Telefónica. Der peruanische Ableger ist größter Anbieter mobiler Telefondienstleistungen des Landes mit aktuell über 7 Millionen Kunden.

5. Combate – 1,1 Mio Fans www.facebook.com/ATVcombate
Reality-Show, bei der eine Gruppe von jungen Leute verschiedene Aufgaben erledigen muss. Die aktuelle Staffel hat im August begonnen und läuft ein Jahr lang.

6. Saga Falabella – 1,1 Mio Fans www.facebook.com/sagafalabella
Eine peruanische Kaufhauskette mit zumindest 14 Outlets in allen großen Städten Perús vertreten. Aktuell mit der neuen Sommermode – Sandalen…

7. Ripley – 1,1 Mio Fans www.facebook.com/RipleyPeru
Ebenfalls eine Kaufhauskette, ursprünglich aus Chile. 12 Kaufhäuser gibt es von Ripley in Perú.

8. Inca Kola – 1 Mio Fans www.facebook.com/IncaKola
Es handelt sich um ein nichtalkoholisches Getränk, das es bereits seit 1935 in Perú gibt. Wichtigster Aromabestandteil ist Zitronengras, kein Wunder, handelt es sich doch um ein Plagiat eines asiatischen Getränks. Generell kann man sagen: die auffälig gelb gefärbte Brause ist für europäische Geschmacksnerven ziemlich süß. Interessant ist der Aspekt, dass Inka Cola die populärste Limonade in Perú ist, noch vor Coca-Cola. Der US-Konzern hat sich allerdings 1999 mit 49 Prozent an dem Unternehmen beteiligt, das nun auch die US-Brause abfült. Inka Cola ist im Alltag sehr präsent und wird zu allen Mahlzeiten gereicht. Inka Cola ist Teil der nationalen Identität Perús.

Hier ein Werbespot, gedreht im Parque del Amor in Lima

9. Claro – 0,8 Mio Fans www.facebook.com/AmericaMovilPeruSAC
Claro gibt es in Perú seit 2005 und ist inzwischen der zweitgrößte Anbieter für Dienstleistungen im Bereich Telekommunikation (Telefon, Internet, Mobile, Kabel- und SAT-TV)

10. Cinescape – 0,8 Mio Fans www.facebook.com/CINESCAPE.PERU
Eine TV-Show, die sich ausschließlich mit dem Thema Kino beschäftigt. Die Sendung gibt es seit einem Jahrzehnt. Mein Eindruck: die Peruaner scheinen ganz schön kinoverrückt zu sein.

11. Bembos – 0,6 Mio Fans www.facebook.com/bembos
Fastfoodkette mit aktuell 50 Filialen in Perú, davon allein 34 im Großraum Lima. Hauptprodukte sind: hamburgesas. Bembos gibt es seit 1988 und kann sich hervorragend gegen die multinationen US-Giganten behaupten, die natürlich ebenfalls inzwischen in Perú aktiv sind, allerdings mit weniger Filialen.

12. Samsung – 0,5 Mio Fans www.facebook.com/SamsungPeru
Der südkoreanische Hersteller von Unterhaltungselektronik, Mobiltelefonen und Hausgeräten ist auch in Perú stark präsent.

13. Brahma – 0,5 Mio Fans www.facebook.com/brahma.pe
Eine brasilianische Biermarke, die jetzt zu dem Brauereikonzern AmBev gehört.

14. Interbank – 0,5 Mio Fans www.facebook.com/InterbankPeru
Eine der größten peruanischen Publikumsbanken mit aktuell etwa 200 Filialen und über 1.200 Bankautomaten. Interbank soll etwa 1,2 Millionen Kunden haben.

15. LAN Perú – 0,5 Mio Fans www.facebook.com/lanenperu
LAN ist die größte südamerikanische Fluggesellschaft. In Perú bedient LAN 14 Ziele.

16. Esto es Guerra – 0,5 Mio Fans www.facebook.com/estoesguerra.tv
TV-Showformat – Title dt: Das ist Krieg -,das ähnlich funktioniert, wie das oben genannte Combate: zwei Gruppen (jeweils Männer und FRauen) treten gegeneinader in diversen Spielen und Wetbewerben an.

17. Radio Moda – 0,5 Mio Fans www.facebook.com/RadioModa
Eine Radiostation, die offenbar aber auch TV macht. Soundfarbe: internationaler Pop, Discodance, Latin. Auf der Website kann man sich deren aktuelle Top Ten anhören …

18. Cerveza Cristal – 0,4 Mio Fans www.facebook.com/cervezacristalperu
Laut Wikipedia aktuell die größte peruanische Biermarke.

19. KFC Perú – 0,4 Mio Fans www.facebook.com/KFCperu
Die bekannte US-amerikanische Fastfood-Kette, spezialisert auf Hähnchenprodukte ist auch in Perú aktiv. Die aktuelle Kampagne für zwei Wraps finde ich bezeichnend. Denn diese, so der Slogan, sollen Sabores Peruanos sein – Peruanische Genüsse. Offenbar muss sich in Perú selbst so ein Multi an die lokalen Geschmacksvorlieben anzupassen, um gute Geschäfte zu machen.

20. Chocolate Sublime – 0,4 Mio Fans www.facebook.com/ChocolateSublime
Schokoladensorte des Nahrungsmittelkonzerns Nestlé.

Hier ein aktueller Werbspot…

Sonidos del Perú | Ofrenda Maestra – Wiedergeburt der música criolla

Wer sich durch eine peruanische Musikchart aktuellen Datums klickt, zum Beispiel diese hier, der wird schnell feststellen, dass die aktuelle peruanischen Populärmusik bestimmt wird von dem was wir heute Pop Latino nennen. Eine Portion Salsa, ein Schuss Rumba, durchgemöllert mit etwas Technopop und versehen mit einer eingängigen Melodie präsentiert von glatt polierten Sänger/in – fertig ist die Musiksoße. Anzutreffen sind die enorm erfolgreichen Schnulzen des Pop Latino in ganz Südamerika inklusive USA, wo sie neben Kolumbien und Mexiko bevorzugt produziert werden. Aus allen Ecken dudelt Pop Latino, es ist die billige, musikalische Massenware eines ganzen Kontinents.

Peruanische Musiktradition: Música criolla
Soviel steht fest: es gab schon vor dem Pop Latino eigenständige Musik in Südamerika zu der El Perú einiges beigetragen hat. Beispiel ist die música criolla. Entstanden in Lima Anfang des 20. Jahrhunderts handelt es sich um die erste eigene Musik der Criollos, der in Perú gebürtigen Nachfahren der spanischen Einwanderer. Man kann das durchaus als kulturellen Emanzipationsprozess vom europäischen Mutterland bezeichnen. Politisch war Spanien zwar schon lange vorher abgemeldet, prägte aber weiter die kulturellen Maßstäbe in der bürgerlichen Bildungs- und Machtelite Limas.

Nun verbreiteten sich eine ganze Reihe neuer Stile und Gesellschaftstänze, die eines gemeinsam hatten: zusammengeführt wurden verschiedene musikalische Traditionen, die die Einwanderungswellen wiederspiegeln. Spanisch-europäische Wurzeln wurden verbunden mit afrikanischen Einflüssen. In den städtischen Quartieren entstanden der peruanische Walzer und der Tanz Marinera Limeña (Limenische Fischerin) und Gesangsstile wie der Tondero und der Festejo. Die Blütezeit der música criolla endete in den 60er Jahren und geriet dann fast in Vergessenheit.

In diesem Video ein TV-Auftritt der Los Embajadores Criollos, die in den 50ern ihre größten Erfolge feierten.

Tipp: Ofrenda Maestra
2005 begann der peruanische Jazz-Gitarrist Renzo Gil ein Projekt, das gewisse Ähnlichkeiten mit dem Kuba bekannten Buena Vista Social Club aufweist: ehemalige, in Würde gealterte Protagonisten der música criolla spielen wieder ihre alten Hits. Allerdings hat Gil doch einiges umarrangiert und den triefenden Melodien eine Prise frischer Jazz-Improvisation beigemengt. 2007 wurde eine CD veröffentlicht. Titel: OFRENDA POPULAR – Un siglo de Música Criolla de Lima y Callao. Ein unverbrauchter Blick auf ein Jahrhundert musikalischer Populärkultur in Lima.

Promovideo für die CD

Besonders live scheint das Projekt eine tolle Dynamik zu entfalten. Hier ein Konzertmitschnitt in einem Jazz-Club.

Facebookseite von Ofrenda Maestra

Hier finden sich eine ganze Reihe weiterer Videos von Ofrenda Maestra

Gamarra (Lima): 200.000 schuften im Textilzentrum Südamerikas

Neulich auf diese Geschichte verstoßen, im Zusammenhang mit den gewalttätigen Ausschreitungen von Markthändlern in Lima. Es kam nämlich nicht nur zu blutigen Straßenschlachten mit der Polizei sondern auch zu massiven Plünderungen mit einem Schaden von einer Million USD. Es geht um Gamarra, das größte Textilzentrum Südamerikas. Mitten in dem Stadtteil La Victoria gelegen arbeiten in den dutzend Straßenzügen vermutlich bis zu 200.000 Menschen an der Herstellung und dem Handel mit Textilien aller Art.

Fotos aus Gamarra in dieser Galerie bei Flickr

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts begann die Geschichte von Gamarra mit dem Bau mehrerer Textilfabriken, ausgestattet mit damals neusten Maschinen. Darum herum entstand nach und nach ein Arbeiterviertel sowie der riesige Großmarkt La Parada. Tausende von Kunden aus Lima und Umgebung, ja aus ganz Perú und Südamerika strömen seit 50 Jahren täglich in die Straßenzüge mit tausenden von Einzelhändlern. Bis zu 20.000 kleine Unternehmen soll es inzwischen geben.

Das wirtschaftliche Geschehen ist geprägt von informeller Ökonomie. Es gibt Schätzungen, dass dem peruanischen Staat dort 2 Milliarden USD Steuern pro Jahr entgehen. Offenbar hat man das Treiben jahrelang geduldet, weil tausende von Arbeitsplätzen entstanden sind, mit natürlich oft erbärmlichen Bedingungen. Denn Gamarra ist bisher vor allem eins: eine riesige Maschine, die für einen halben Kontinent billige Kopien von Markenklamotten zusammennäht und auf die Märkte schleust.

Inzwischen versucht die Regierung mit gezielten Programmen, die Qualität der produzierten Ware zu erhöhen und das Viertel aufzuwerten. Eine Maßnahme, um den informellen Handel zurückzudrängen: Neubau eines Großmarktes an anderer Stelle und Schließung von La Parada, was zu den Protesten führte. Die Gegend soll aufgewertet werden, man will mit dem Pfund und dem entstandenen Spezialistenwissen wuchern. Sogar US-Außenministerin Hilary Clinton war neulich in einer der Galerias zu Besuch.

Auf diesem Foto Abgeordnete des Parlaments, die mit einer Aktion in Gamarra auf das neue Verbraucherschutzgesetz hinweisen, das seit 1. Oktober 2012 in Kraft ist..

En Defensa del Consumidor

Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von mittelständigen Unternehmen, die eigene Marken entwickelt haben und auf den Markt bringen. Ein Beispiel ist ein Unternehmen wie Rooftop. In 5 Jahren hat Rooftop eine Million T-Shirts hergestellt und vertrieben. Inzwischen sind Herstellungskapazitäten für die komplette Bandbreite textiler Produktion im Angebot. Exportiert werden die in Gamarra genähten Teile nach Chile, Bolivien, Ecuador, Venezuela, República Dominicana und Cuba.

Oder das Unternehmen Morenna, das Freizeitmode für Damen und Herren entwirft, anfertigt und in eigenen Geschäften in drei Galerias vermarktet. Galerias gibt es dutzende in Gamarra, im Grunde ähneln sie Kaufhäusern, nur das sie parzelliert an Einzelhändler verpachtet werden. Morenna ist mit den eigenen Shops auf der gesamten Wertschöpfungskette präsent.
Übersicht der Galerias

Und das sind keine Einzelfälle. 1.000 Unternehmen sollen bei dem Wettbewerb des „Produktionsministeriums“ Gamarra Produce Unterlagen eingereicht haben. In vier Kategorien sollten die Geschäftsleute ihre Produkte prüfen lassen und sich einer Jury stellen. Es wurden Modenschauen veranstaltet und Gewinner gekürt. Das Potenzial ist also vorhanden, die Ergebnisse allerdings optimierbar. Die in den Videos gezeigten Gewinnerkollektionen wirken trotz schriller Buntheit doch eher bieder.

Dass es auch anders geht, zeigt die junge Designerin Lucia Cuba, die mit ihren Kollektionen unter dem Namen Lucco Furore macht und inzwischen auf der New Yorker Fashionweek präsent ist. Dass Gamarra sein Image allerdings nicht so schnell los wird, zeigt auch der Umstand, dass die Unternehmenszentrale von Lucco nicht im Textilzentrum selbst residiert, sondern im hippen Szeneviertel Barranco. In Gamarra wird nur produziert …

| Fundstück nebenbei: ziemlich freche Fashionbloggerin aus Lima http://www.theandrogyny.com

Werbefilm der Regierung zu dem Wettbewerb Gamarra Produce

In diesem Videobericht eines TV-Kanals werden Platz 1 und 3 des Wettbewerbs interviewt. Auffällig: beide heben die „starken Farben“ ihrer Entwürfe hervor.

Portal zu Gamarra