Aktuell verfügbare Eisenbahnstrecken in Perú

Wer in Perú ein durchgängiges Eisenbahnsystem erwartet, wie man es aus Europa kennt, der dürfte enttäuscht sein: derartiges existiert nur in Fragmenten. Im Grunde gibt es noch zwei Strecken, die Personen auf einer längeren Strecke befördern, eine von Lima aus in die Anden und die andere verbindet die Touristenzentren Machu Picchu, Cuzco und den Titicacasee. Trotzdem: Eisenbahnfahren ist in Perú sicher ein Erlebnis, dass so nirgendwo auf der Welt geboten wird – die Andenrouten sind extrem spektakulär.

Komplizierte Topografie
Perú ist ein Land mit grandiosem topografischen Profil: von der Küste binnen 150 Kilometern ins Andenhochland mit 6.000er Gipfeln, dann das Amazonasbecken. Für den Touristen ist das eine interessante Mischung mit einem hohen Potenzial an staunenswerten Landschaften. Für die verkehrliche Infrastruktur eines armen Landes stellt das aber natürlich eine enorme Herausforderung dar. Dieser Aufgabe ist Perú bis heute noch nicht wirklich gerecht geworden, weder mit einem durchgängig sicher befahrbarem Fernstraßensystem und schon gar nicht mit einem flächendeckenden Schienennetz.

Eisenbahnwesen im Griff der Minenkonjunktur
Im Grunde muss man die wenigen vorhandenen und die sehr vielen stillgelegten Strecken im Lichte der Konjunktur der Minenexploration sehen. Eisenbahnen wurden in Perú immer nur gebaut, um Erze und andere Güter zu transportieren und nicht Menschen. Weiterlesen

Lima hat Angst, aber die Stimmung ist okay

Lima hatte letzte Woche Geburtstag. Als offizielles Gründungsdatum gilt der 18. Januar 1535, als der spanische Statthalter Francisco Pizarro sich entschloss, an dieser Stelle am Fluss Rímac und in unmittelbarer Nähe zum Meer die Zentrale seines frisch eroberten Vizekönigreichs einzurichten. Erst ein Jahr zuvor hatten Pizarro und seine spanischen Truppen (168 Mann mit 35 Pferden) den Inca-König Atuahalpa gefangengenommen und hingerichtet – mit Billigung und Unterstützung anderer indigener Gruppen, die von den Inca brutal beherrscht wurden.

Das Inca-Reich war am Ende. Eine neue Hauptstadt musste her.

Die Indigenen nannten den Flecken im fruchtbaren Andenvorland mit seinem gemäßigten Klima Limaq Als Lima wuchs eine Stadt, die heute, so ganz neue Zahlen der Nationalen Statistikbehörde, offiziell 8,5 Millionen Einwohner zählt. Es werden mehr sein. Jeder vierte wenn nicht gar jeder dritte Peruaner lebt in der Megametropole, die sich auf einer Fläche so groß wie das Saarland ausgebreitet hat.

Lima linda, ciudad de los jardines – Das liebliche Lima, Stadt der Gärten – Beschreibungen romantischer Natur, die mit der sozialen Wirklichkeit dieser Stadt nichts zu tun haben. Wie sieht diese Wirklichkeit aus? Wie sehen die Bewohner ihre Stadt und das Leben darin? Antworten liefert eine Studie der peruanischen NGO Lima Cómo Vamos. 2.000 Bewohner Limas wurden im November 2012 zu ihren Ansichten über die öffentlichen Dinge befragt – über ihre Lebenssituation, über die Qualität öffentlicher Dienste und Einrichtungen, über die Probleme im Viertel und einiges mehr.

In Stichworten ein paar Ergebnisse aus diesem Papier.

  • Zufrieden mit Lima sind 48% der Befragten, 16% total unzufrieden.
  • Die Lebensqualität negativ beeinflussen folgende Probleme in dieser Reihenfolge
    • Öffentliche Sicherheit, Verbrechensbekämpfung (68% unzufrieden)
    • Öffentlicher Nahverkehr (60% unzufrieden)
    • Soziale Umgangsformen (46% unzufrieden)
  • Relativ zufrieden sind die Bewohner hingegen mit folgenden Angeboten
    • Versorgung mit Waren, Einkaufsmöglichkeiten (49% sehr zufrieden)
    • Kulturangebot
    • Bildungseinrichtungen (33% unzufr, 40 weder noch, 26% zufrieden)

Drei Viertel haben Angst vor Kriminalität, inseguridad ciudadana – Gefühl der Unsicherheit im städtischen Umfeld
Die Menschen fürchten sich vor allem vor Raubüberfällen auf offener Straße, insbesondere im Zentrum von Lima. Das Gefühl der Unsicherheit nimmt sogar zu: die Zahlen gegenüber dem Vorjahr haben sich verschlechtert.

Was einem so passieren kann auf den Straßen findet sich zB auf der Seite Que no te roben  (Lass dich nicht berauben!), auf der jeder derartige Vorfälle eintragen kann. Die Seite ist nicht sehr aktuell, die meisten Einträge datieren aus 2010/11. Allerdings werfen die geschilderten Raubüberfälle, teils selbst erlitten, teils beobachtet, ein Schlaglicht auf die Situationen, in die man geraten kann.

Ein Opfer schildert Folgendes um 10 Uhr Abends in einem Innenstadtbezirk.

Zunächst näherten sich 2 Jugendliche, ungefähr 20 Jahre alt. Als ich mich zur Wehr setzte, näherten sich 2 weitere, die dort herumlungerten. Sie nahmen mir meine Uhr, meine Brieftasche und Rucksack und verdrückten sich in die Seitenstraße.
primero se acercaron 2 jovenes de aproximadamente 20 años.. al poner resistencia se acercaron 2 mas q merodeaban por ahi….y se llevaron mi reloj, billetera y mochila metiendose por el pasaje malambito.

Auf der Rangliste der Verbechen, durch die sich die Stadtbewohner gefährdet fühlen, stehen in der Reihenfolge: Drogenkriminalität, Bandenunwesen, Wohnungseinbrüche, Alkoholismus, Autodiebstahl, Sexuelle Gewalt.

Es gibt aber auch Fortschritte. Die Bedrohung durch herumlungernde Jugendbanden, die pandillas, hat abgenommen und findet sich fast nur noch in den Vorstadtslums. Ähnliches trifft auf Wohnungseinbrüche zu. Interessanterweise fürchtet man sich aber vor allem im Zentrum vor Raubüberfällen. Das hat Konsequenzen für das eigene Viertel. Inzwischen befürwortet mehr als die Hälfte der Befragten eine Abschottung der Straßen und Parks eines Viertels, wenn sich die Nachbarn darauf verständigen. Sicherheit wird privatisiert.

Öffentlicher Personennahverkehr: für die Hälfte ein Problem
Drei Viertel der Stadtbewohner nutzen den Öffentlichen Nahverkehr und nur 12% sind mit eigenem Fahrzeug unterwegs. Täglich plagen sich also Millionen Menschen mit einem ziemlich chaotischen, teuren und unsicheren System.

Als schnell wachsende Millionen-Metropole eines aufstrebenden Schwellenlandes sah sich Lima erst in den letzten Jahrzehnten in der Lage, einen geordneten ÖPNV zu organisieren. Noch ist außer einem fragmentarischen U-Bahn-Bau (Metro) und einem chronisch unzuverlässigem Schnellbus-System (Metropolitano) nicht viel passiert.

Bis heute wird der Großteil des Transports getragen durch ein chaotisches System aus privaten Buslinien, von denen es offiziell fast 700 in der Stadt gibt. Ein Teil dieses Geschäfts läuft informell. Die Kunden sind genervt. Die Meinungen über die Minibusse (wie auch über die Mototaxis) sind verheerend. Die neuen Angebote in staatlicher Trägerschaft kommen weit besser weg – wie übrigens auch die lizensierten Taxis.
Unfälle auf Grund mangelnder Fahrzeugwartung sind in diesem Wirrwarr nicht das einzige Problem.

Ich stieg in einen Minibus ein und als wir zur Brücke in Habich kamen, zogen ein Typ vor uns und ein Typ hinter dem Fahrer einen Revolver. Sie raubten mich und einen Passagier aus, hielten uns eine Stunde fest und ließen uns in Palao laufen. Nicht auf der Alonso Ugarte in Minibusse einsteigen, weil das Piraten sind!

Subí a un colectivo de pro, y cuando llegó a habich (puente) el tipo de adelante y uno detrás del piloto sacaron un revolver. Nos robaron a un pasajero y a mí, nos tuvieron por un lapso de una hora y nos dejaron por palao. NO TOMAR COLECTIVOS POR ALFONSO UGARTE porque son PIRATAS.

Die Stadtregierung versucht gegenzusteuern. 2011 wurden Regelungen erlassen, was prompt zu einem Generalstreik der Transportunternehmer führte. Hier eine Zusammenfassung des Online-Magazins Latina-Press

Eine der neuen Vereinbarungen verbietet, dass Busse in der Mitte der Straße anhalten um Fahrgäste aufzunehmen. Dadurch sollen nach Angaben der Regierung Staus vermieden werden. In Zukunft ist es den Transportunternehmern verboten, minderjährige Fahrtgeld Sammler/innen ohne amtliche Genehmigung einzustellen. Ebenso soll es Mindeststandarts in Bezug auf die Ausstattung und Grösse der Busse geben. Busfahrern soll es nicht mehr gestattet sein, Fahrgäste nach ihrem eigenen Ermessen vom Transport auszuschließen.

Interessant ist ein weiterer Nebenaspekt des Straßenverkehrs. Ob sich denn ihrer Meinung nach die Verkehrsteilnehmer an Ampelzeichen halten würden, wurde gefragt. Nur 18,6 % der Befragten glauben, dass sich alle daran halten. 52% hingegen meinen, nur sehr wenige würden sich daran halten.

Ein Drittel beklagt die Umweltverschmutzung
Hier wird im Zentrum der Stadt an erster Stelle die Luftverschmutzung durch die vielen Fahrzeuge genannt, während die Bewohner der Außenbezirke die schlechte Müllabfuhr und den Mangel an Grünflächen beklagen.

Ein Viertel ist genervt vom informellen und ambulanten Handel
Wie schon die Auseinandersetzungen und brutalen Straßenschlachten bei der Räumung eines Marktes im Stadtviertel Gamarra gezeigt hat: viele Menschen leben vom Groß-, Klein- und Kleinsthandel. Man schlägt sich irgendwie durch, denn soziale Sicherungssysteme sind unbekannt, die Armut, unter der nach wie vor ein Drittel der Peruaner leidet, ist bedrückend. Und da der Staat nichts tut, nicht präsent ist, wird informell gewirtschaftet. Schätzung gehen von einem Anteil der Schwarzwirtschaft von 60% aus.

Die Lage ist ernst, aber die Stimmung ist gut und die Zukunft bietet Chancen.
Trotz der genannten Probleme geben sich die Bewohner Limas optimistisch in Bezug auf die eigene Zukunft und die ihrer Familie. Zwar fühlt sich immer noch ein Viertel von Armut betroffen, aber die Zahlen sinken ständig und die Hoffnung ist bei vielen groß, ihre Lage bald zu verbessern. Insbesondere in den Stadtvierteln, in denen die Armut groß ist, ist auch der Optimismus bei der Beurteilung von Zukunftschancen am weitesten verbeitet.
Die Menschen scheinen die Auswirkungen des peruanischen Wirtschaftswachstums bereits teilweise zu spüren. Die soziale Ungleichheit tangiert das aber kaum. Nur 17% glauben, hier sei etwas erreicht worden.

Fazit
Die Ergebnisse der Befragung zeigen die Probleme Limas deutlich: Kriminalität, Chaos beim Nahverkehr, Umweltprobleme, allgegenwärtige Schwarzökonomie. Die Limeños jedoch verfallen nicht wirklich der Apathie, sondern scheinen relativ optimistisch zu sein, ihre Lage bald zu verbessern.

 

Mototaxis: Öffentlicher Nahverkehr auf Peruanisch

Sie knattern durch die peruanischen Städte: Mototaxis. Es handelt sich dabei um dreirädrige Gefährte, die vorne aussehen wie ein Motorrad (ein Vorderrad, Lenker) und hinten einer überdachten Rikscha (zwei Räder, Sitzbank) ähneln. Mit Fahrer können maximal vier Personen damit befördert werden. Bei den Aufbauten finden sich unterschiedlichste Formen – von der quasi nur überdachten Freiluftversion bis hin zur vollverkaspelten, autoähnlichen Fahrgastzelle.

Aufmerksam geworden bin ich auf dieses Phänomen durch eine Meldung aus der nordperuanischen Küstenstadt Chiclayo. Dort haben sich in den letzten Monaten 1.000 Mototaxistas, also die Lenker eines Mototaxis, einer Schulung unterzogen. Inhalt des eintägigen Kurses sind Verkehrssicherheit, Erste Hilfe, Regularien der Haftpflichtversicherung und allgemeine Tipps zur Qualitätsverbesserung des Dienstes. Insgesamt sollen in der Region 3.000 Fahrzeugführer diese Schulung mitmachen. In Anbetracht von 530.000 Einwohnern eine ziemlich große Zahl.

CHAOS! First impression of Perú

Wie aus diesem Dokument von 2011 hervorgeht, sind die Mototaxis in ganz Perú ein Massenphänomen. 900.000 dieser Transportfahrzeuge soll es im Land geben. Die Klagen über das Chaos, dass sie im Straßenverkehr verursachen, den Lärm und die Unfälle sind Legion.

Seit etwa 20 Jahren verbreiten sich die Vehikel in Perú. Ursprungsland ist, wenn wundert’s, Indien. Heute kommen 90 Prozent der Mototaxis aus China.

In dem Dokument werden noch weitere Probleme genannt, unter der die Branche zu leiden hat bzw, die sie verursacht.

  • Schlechte Straßen, vor allem außerhalb der großen Städte
  • Probleme mit Haltestellen in den Städten
  • Unfälle: die Gefährte sind in dem Sinne nicht als sicher zu bezeichnen. Eine weitere Studie über die Situation der Mototaxis in der Stadt Ica zitiert eine Polizeistatistik. Demnach sind an 43 % der Unfälle Mototaxis beteiligt. Zum Vergleich Autos: 40%.
  • Offenbar stellen die Fahrer ein beliebtes Ziel von Banditen dar. Vor Raubüberfällen scheinen die Fahrer mehr Angst zu haben als vor Unfällen.
  • Es handelt sich zumeist um informelle Wirtschaft mit allen Konsequenzen, die das hat: Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes, Lohndrückerei usw.
  • Smog. Die Vehikel tragen einen großen Anteil zur Luftverschmutzung in den Großstädten bei.
  • Der technische Zustand ist bei vielen Fahrzeugen nicht zufriedenstellend.

Trotz allem: dieser doch problematische Teil des Öffentlichen Transports, der allerdings zu wesentlich geringeren Kosten realisiert wird als Autotaxen oder Busse, stellt einen wichtigen Beitrag zur Beschäftigung dar. In Ica zum Beispiel soll jeder 8. Einwohner direkt oder indirekt davon abhängen.

Mototaxis im Straßenverkehr

Hier ein Video eines Backpackers, der mit einem Mototaxi über die Anden gefahren ist.

Bericht über einen Wettbewerb mit Mototaxis, in dem man die verschiedenen Formen sieht.