¡Ponte linda mi bombón! – Viagra-Werbung macht Furore in Perú

Ein Werbeclip macht Furore in Perú und hat eine neue Redensart hervorgebracht.

Mit dem Video wirbt eine Apothekenkette für eine besondere Aktion: Über 50-Jährige erhalten einen Rabatt von 10 Prozent. Das Besondere an der Werbung ist die Handlung des Clips, denn der thematisiert gleich mehrere Tabus der prüden peruanischen Gesellschaft: Sexualität im Allgemeinen und solche von Senioren im Besonderen.

Die Handlung ist schnell erzählt. Ein älterer Mann telefoniert mit einer Frau und informiert sie, dass er nun was Besonderes kaufen werde. Er säuselt ins Telefon: ¡Ponte linda mi bombón! – Mach dich hübsch, mein Bonbon! Sie wendet noch ein, dass heute ja nicht Montag sei, worauf er von der Rabattaktion erzählt, dank derer, so der Schluss, er es nun jeden Tag kann. Viagra wird zwar mit keinem Wort explizit erwähnt, aber um was geht ist eindeutig. Und ganz Perú hat das auch so verstanden.

Ich habe eine 15-minütige Reportage eines TV-Kanals gefunden, in dem die beiden Schauspieler durch die Straßen Limas gehen, von allen Passanten erkannt und auf den Clip angesprochen werden. Der Satz ¡Ponte linda mi bombón! hat das Zeug zur Redensart und man findet ihn inzwischen auch oft auf Twitter, natürlich im ironischen Einsatz.

(In der Epoche von ¡Ponte linda mi bombom! nutzen sie Kerosin statt Gleitmittel, um ihre Leidenschaft zu entzünden.)

In dem Clip tritt Olga Zumarán auf. Die 51-Jährige Schauspielerin war Modell, hat in Schönheitswettbewerben abgeräumt und verkörpert seit Jahren in peruanischen Telenovelas die Figur der reifen, sexuell attraktiven Frau.

Sonidos del Perú | Ofrenda Maestra – Wiedergeburt der música criolla

Wer sich durch eine peruanische Musikchart aktuellen Datums klickt, zum Beispiel diese hier, der wird schnell feststellen, dass die aktuelle peruanischen Populärmusik bestimmt wird von dem was wir heute Pop Latino nennen. Eine Portion Salsa, ein Schuss Rumba, durchgemöllert mit etwas Technopop und versehen mit einer eingängigen Melodie präsentiert von glatt polierten Sänger/in – fertig ist die Musiksoße. Anzutreffen sind die enorm erfolgreichen Schnulzen des Pop Latino in ganz Südamerika inklusive USA, wo sie neben Kolumbien und Mexiko bevorzugt produziert werden. Aus allen Ecken dudelt Pop Latino, es ist die billige, musikalische Massenware eines ganzen Kontinents.

Peruanische Musiktradition: Música criolla
Soviel steht fest: es gab schon vor dem Pop Latino eigenständige Musik in Südamerika zu der El Perú einiges beigetragen hat. Beispiel ist die música criolla. Entstanden in Lima Anfang des 20. Jahrhunderts handelt es sich um die erste eigene Musik der Criollos, der in Perú gebürtigen Nachfahren der spanischen Einwanderer. Man kann das durchaus als kulturellen Emanzipationsprozess vom europäischen Mutterland bezeichnen. Politisch war Spanien zwar schon lange vorher abgemeldet, prägte aber weiter die kulturellen Maßstäbe in der bürgerlichen Bildungs- und Machtelite Limas.

Nun verbreiteten sich eine ganze Reihe neuer Stile und Gesellschaftstänze, die eines gemeinsam hatten: zusammengeführt wurden verschiedene musikalische Traditionen, die die Einwanderungswellen wiederspiegeln. Spanisch-europäische Wurzeln wurden verbunden mit afrikanischen Einflüssen. In den städtischen Quartieren entstanden der peruanische Walzer und der Tanz Marinera Limeña (Limenische Fischerin) und Gesangsstile wie der Tondero und der Festejo. Die Blütezeit der música criolla endete in den 60er Jahren und geriet dann fast in Vergessenheit.

In diesem Video ein TV-Auftritt der Los Embajadores Criollos, die in den 50ern ihre größten Erfolge feierten.

Tipp: Ofrenda Maestra
2005 begann der peruanische Jazz-Gitarrist Renzo Gil ein Projekt, das gewisse Ähnlichkeiten mit dem Kuba bekannten Buena Vista Social Club aufweist: ehemalige, in Würde gealterte Protagonisten der música criolla spielen wieder ihre alten Hits. Allerdings hat Gil doch einiges umarrangiert und den triefenden Melodien eine Prise frischer Jazz-Improvisation beigemengt. 2007 wurde eine CD veröffentlicht. Titel: OFRENDA POPULAR – Un siglo de Música Criolla de Lima y Callao. Ein unverbrauchter Blick auf ein Jahrhundert musikalischer Populärkultur in Lima.

Promovideo für die CD

Besonders live scheint das Projekt eine tolle Dynamik zu entfalten. Hier ein Konzertmitschnitt in einem Jazz-Club.

Facebookseite von Ofrenda Maestra

Hier finden sich eine ganze Reihe weiterer Videos von Ofrenda Maestra

Lima: Zwei Tote bei Revolte von Kleinhändlern

In Lima hat es gestern schwere Straßenschlachten mit zwei Toten und fast einhundert Verletzten gegeben. Die Auseinandersetzungen zogen sich den ganzen Nachmittag und den Abend hin. Steinhagel, Barrikadenbau, Einsatz von Reiterstaffeln, Schlagstöcken und Schusswaffen, Plünderungen und Festnahmen – der Krawall war immens.

Der Hintergrund ist mir nicht in allen Details klar, aber der Konflikt schwelt schon seit Wochen. So wie ich es verstanden habe, geht es um die Verlegung eines Marktes. Wenn man sich die Satellitenbilder auf Google Maps anschaut, erkennt man deutlich die drei Areale mit hunderten von kleinteiligen Marktständen. Diese sollten zumindest teilweise an einen anderen Ort verlegt, wogegen sich die aktuellen Kleinhändler (daher mercado minorista) massiv zur Wehr setzen, zunächst mit vielen Protestaktionen.


Größere Kartenansicht

Nachdem mehrere Ultimaten der Behörden verstrichen waren, sollte nun gestern der Bereich unter Einsatz von Polizeikräften „friedlich“ geräumt werden. Daraus wurde nichts, im Gegenteil. Die Lage eskalierte enorm und griff auf benachbarte Stadtviertel über. Offenbar musste sich die Polizei angesichts des immensen Widerstandes zeitweilig aus dem Gebiet zurückziehen, um dann mit insgesamt 5.000 Einsatzkräften und massivem Gewalteinsatz die Lage wieder unter Kontrolle zu bringen. In dieser Zeit kam es in dem angrenzenden Emporio Comercial de Gamarra, einem Handelszentrum für Textilien, zu umfangreichen Plünderungen.

[Ganz interessant: die peruanische Designszene startet Versuche in diesem quirligen Viertel. Schöne Website. Sehr gute Infos über das Textilviertel Gamarra, in dem über 50.000 Menschen arbeiten, in diesem Artikel von InfoAmazonas.de]

Die limeñischen Medien bringen die Straßenschlachten in dem Stadtteil La Parada in großen Aufmachern und schrecken vor drastischen Bildern nicht zurück. Von den Ausschreitungen selbst gibt es umfangreiches Videomaterial, das gnadenlos ausgestrahlt wird. Hier drei Beispiele. Die Kameraleute scheinen ziemlich unerschrocken zu sein und drehen im heftigsten Steinhagel weiter, ja, zerren verletzte Polizisten in Sicherheit. Man erkennt deutlich, dass die Polizisten ihrerseits mit Steinwürfen auf die Attacken der Händler und ihrer Tagelöhner – und was sonst an vandálicos, so die Sensationspresse, die Gelegenheit genutzt hat – reagiert.

[Wenn die folgenden zwei Videos nicht angezeigt werden, bei Interesse mal gehen zu Perú.com. Dort alle Artikel (Videosymbol!) zum Vorfall, es sind allein auf dieser Seite mehr als ein Dutzend.]

Dokumentarfilm über peruanische Küche | Perú Sabe: La cocina, arma social

Im diesen Tagen feiert ein Dokumentarfilm über den Status Quo der peruanischen Kulinarik Premiere. Ein gutes Thema, denn: Die peruanische Küche ist äußerst vielfältig und gilt, wie bereits erwähnt, als beste Küche Südamerikas. Ob das so ist, werden wir dann noch ausgiebig testen.

Die Vielfalt der kulinarischen Genüsse lässt sich mit der Geographie recht einfach begründen: El Perú vereinigt drei klimatische Zonen mit ganz unterschiedlichen kulinarischen Ausprägungen. Als da wären: Die Pazifikküste mit ihren Fischgerichten, das Hochgebirge mit einer ausgeprägten Mais- und Kartoffelkultur und den Regenwald mit all dem tropischen Überfluss und Artenreichtum, die der Amazonasdschungel bietet.

Hinzu kommt: diese unterschiedlichen regionalen Gerichte gehen teilweise bis auf die präkolumbianischen Zivilisationen zurück.

Die peruanischen Kulinarik war in den letzten beiden Jahrzehnten vor allem darum bemüht, diese regionalen Gerichte zu kodifizieren, ja, sie sogar wieder auszugraben und neu zu beleben.

Die Besonderheit besteht nun darin, diese drei Traditionslinien kreativ zu kombinieren und etwas ganz neues daraus zu machen. Sie zu modernisieren. Hinzu kommt eine relativ breite, in den letzten Jahren enorm gewachsene Professionalisierung. So sollen aktuell 80.000 junge Leute eine Ausbildung in einem Gastroberuf absolvieren.

Über diese Entwicklung und den Status Quo der peruanischen Kulinaristik berichtet der in diesem Herbst auf diversen Filmfestivals erstmals vorgestellte Film Perú Sabe: La cocina, arma social (Die Küche als soziale Waffe). In dem Dokumentarfilm wird die Küche Perús mit all ihren Varietäten vorgestellt. Als roten Erzählfaden bedient man sich dabei zweier außergewöhnlicher Personen auf dem Gebiet der Kochkunst: des unbestrittenen Anführers der globalen Kochavantgarde, dem Spanier Ferran Adrià, sowie dem besten Koch Perús, Gastón Acurio (Foto links).

Zentrale Rolle spielt natürlich der limenische Koch Gastón Acurio (45), der Adrià die Küche Perus erklärt. Acurios Verdienst besteht darin, die peruanische Traditionsküche zeitgemäß und kreativ zu interpretieren, ohne dabei die Wurzeln aufzugeben. Das ist unter anderem festgehalten in seinem vielfach ausgezeichneten Kochbuch 500 años de fusión (500 Jahre Fusion). Seine Ideen hat er in ein gastronomisches Konzept verwandelt mit Namen Astrid y Gastón und dieses in die ganze Welt exportiert – mit großem Erfolg. Mehr Infos dazu auf der Website des Restaurants. Diesem Restaurant werden wir mit Sicherheit einen Besuch abstatten.

Hier ein Ausschitt aus dem Film (mit englischen Untertiteln).

Hinweis: zum Thema Gastronomie wird noch mehr kommen…

Foto: Premierenfeier mit Gastón Acurio und Ferran Adriá. Von www.perusabe.com.pe

Via Twitter von @textundblog

Sonidos del Perú: Bareto

Musik aus El Perú – das ist natürlich viel mehr als El Condor pasa und geflöteter Andensoundkitsch. Obwohl, man muss es so sagen: es handelt sich dabei um die peruanische Volksmusik. Sie hören es einfach. Es ist unvermeidlich.

Aber wie gesagt: da ist mehr. Wie zum Beispiel Bareto, die wir durch Zufall mal wieder über Facebook entdeckt haben. Dort hat Bareto eine lebendige Fanseite.

Bareto (offizielle Bandsite) gibt es seit 2003. Begonnen haben sie mit Ausflügen in Jazz, Rock, Reggae und Ska, um dann 2008 auf einer neuen muskikalischen Welle zu reiten: die Wiederbelebung der klassischen Cumbia-Musik. Dabei handelt es sich um die in den 60-80ern in ganz Lateinamerika äußerst populäre Mischung von südamerkanischen Rhythmen mit Elektrogitarren und schrägem Soundeffekten.

Bei Bareto klingt die alten Sounds wie durch die Rockmühle gemöllert, aufgefrischt mit Reggaerhythmen und Sprechgesang. Aber manchmal schimmern immer noch die Anden durch – Perú eben.

Aber was laber ich hier rum – hört es euch einfach selbst an.

Eine Singleauskopplung aus dem letzten Album, das im April 2012 erschienen ist. Auch wenn man den Text nicht versteht, es ist unübersehbar: Bareto setzt sich kritisch mit politischen Themen auseinander. In diesem Video stellen sie die Systemfrage.

Hier erklären sie, wie man in die Toro Retro Bar in Lima kommt, wo sie im angesagten Szenestadtteil Barranco ihre neue Single 2012 vorgestellt haben. So sieht das da aus, in Lima.

Die Ursprünge der Cumbia-Musik hören sich so an: Ein Lied der Los Destellos, die den Stil mitbegründet haben sollen.

Müsste eigentlich möglich sein, mit Bareto ein Interview zu vereinbaren…