Chicha Morada: peruanischer Softdrink aus dunklem Mais mit Inka-Tradition

In Perú trinkt man wenig Cola oder Fanta. Der am meisten konsumierte, nicht-alkholische Softdrink nennt sich Chicha Morada und wird aus Mais hergestellt.

Der kommerzielle Erfolg anregender, nicht-alkoholischer Getränke, die ursprünglich aus fernen kulinarischen Kulturen kommen, wie zum Beispiel Club Mate oder Red Bull, haben es bewiesen: die globale Trinkkultur hat einiges an überraschenden Entdeckungen parat. Mit leicht europäisierter Rezeptur, sauberer Verabreitung und cleverem Marketing ist es durchaus möglich, neue Getränke als Softdrinks zu etablieren, die hierzulande niemand kennt, aber in anderen Ländern zum Alltag gehören.

Da macht es natürlich hellhörig, wenn man weiß, dass es in Perú einen sehr populären Softdrink für Jung und Alt gibt, den hierzulande niemand kennt. Das erfrischende Kaltgetränk ist von tief-violetter Färbung, nennt sich Chicha Morada und erfreut sich in Perú höchster Beliebtheit. Ein Grund dafür dürfte sein: die Chicha hat den entscheidenden Vorteil, dass es jeder selbst auf der Basis von violettem Mais herstellen kann.

Der Grundbestandteil der Chicha Morada ist violett gefärbter Mais, maís morado. Der wächst in den besonderen klimatischen Bedingungen der Andenhochtäler am besten, bzw. entwickelt er dort seine besonders intensive violette Färbung. Die Maiskolben werden zusammen mit Apfel- und Ananasstücken und Zugabe von Gewürzen wie Zimtstangen und Nelken ein-zwei Stunden gekocht, mit Zitronensaft und Zucker geschmacklich abgerundet und kalt gestellt. Das wars. Wer nach Kochrezepten auf YouTube sucht, wird schnell und massenhaft fündig.

Jede Eckkneipe, jede Familie, jede Region hat selbstverständlich ihr eigenes Rezept. Sagen wir es so: Chicha Morada ist für Perú ein Stück kulinarische Heimat. Und ursprünglich ist es selbstverständlich eine Kulturtechnik der Inka, wie alles, was in Perú mit Mais zu tun hat. Das stimmt natürlich auch in gewissem Maße, vor allem, wenn man in Betracht zieht, dass die Chicha an sich, also ohne „morada“ DAS alkoholische Getränk ist, mit dem sich die Inka massiv in Stimmung brachten. Chicha versorgt seit Jahrhunderten den Andenraum mit trinkbarem Alkohol, der durch Fermentierung nach dem Kochen entsteht. Die Chicha Morada ist sozusagen die kleine süße Schwester der bösen, schwere Räusche erzeugenden Bruders Chicha.

Hier die Website des Herstellers von Chicha Limeña (dt Chicha aus Lima)

Chicha Morada wird in der Kneipe oder Zuhause in der Karaffe serviert.

don Cucho

Maiz Morado
Maiz Morado para la Chicha Morada

Präkolumbianische Kulturen Perús (II): Die Inca

Die Hochkulturen Altmerikas, die Zivilisationen vor Kolumbus – es gab viele. Nicht alle waren erfolgreich, aber eine hat es bis in die Moderne geschafft: die Inca.

Die Inca (deutsch: Inka) sind im modernen Perú allgegenwärtig. Sie sind Glanzlicht des Tourismus und zugleich Teil der Populärkultur. Wenn es um das „ursprüngliche“ Perú geht, fällt unweigerlich ihr Name. Deshalb findet sich Inca als schmückendes Beiwort, das nationale Verbundenheit kommuniziert, in vielen Geschäftsnamen und Produkten. Der allgegenwärtige Softdrink Inca Kola ist nur ein Beispiel. Die Inca gelten als DIE Urperuaner schlechthin und sind Volksheilige zugleich.

Was aber genau waren nun diese Inca, die den Andenraum seit Mitte des 15. Jahrhunderts beherrschten und dann von den Spaniern entmachtet wurden?

Ausdehnung des Reiches der Inca (aus Wikipdia, Quelle = Bildklick)

Die Quellenlage über die Geschichte der Inca ist wie bei allen präkolumbianischen Zivilsationen Südamerikas eher schlecht. Die fehlende schriftliche Überlieferung lässt Lücken. Allerdings ist heute einiges über die Geschichte und die Lebensumstände bekannt. Umfangreiche Ruinenfelder und Gräber mit tausenden Fundstücken sind inzwischen professionell ausgewertet. Dazu treten die spanischsprachigen Zeugnisse, in denen kurz nach dem epochalen Wandel mündliche Traditionen festgehalten wurden.

Die Inca bildeten zunächst in den Anden des südlichen Perú um Cusco herum staatliche Strukturen. Dieser Prozess begann 1.000 nChr. Ackerbau (Mais, Kartoffel), Viehzucht, Handwerk, Metallurgie, ein strenger imperialer Kultus mit blutigen Ritualen – aus diesen mit Gewalt organisierten Formationen wurde im Laufe der Zeit ein veritables Königreich (ab ca 1200). Das dehnte sich dann mit hoher Agressivität auf den gesamten nördlichen Andenraum aus – von Ekuador über Bolivien bis nach Nordchile. Dort existierende Kulturen wurden brutal unterworfen und in das Herrschaftssystem integriert, zuweilen recht oberflächlich.

El Inca: der Gottkönig an der Spitze
An der Spitze des Inka-Staates stand eine Art Gottkönig, el inca. Eine politisch-religiöse Elite hielt Infra- und Verwaltungsstrukturen über viele tausende Kilometer aufrecht. Der Apparat war so stabil, dass die Spanier sich dieser Strukturen zunächst bedienten. Nach der Machtübernahme setzten sie eigene, abhängige inca ein, um die Ressourcen des Reiches abzuschöpfen. Zumindest so lange, bis sie einen eigenen Machtapparat aufgebaut hatten. Das dauerte jedoch, denn der nun folgende koloniale Wandel stellt sich ungefähr so dar: Raubbau und Entvölkerung der Anden, Verfall der Inca-Strukturen, zwei-drei Jahrhunderte Apathie, langsamer Wiederaufbau spanischsprachiger, zentralstaatlicher Organisation. Bis die spanische Kultur in den Dörfern der unzugänglichen Täler Einzug hielt, sollte es noch lange dauern und ist nie vollständig gewesen.

Inca-Könige als Volkshelden
Die berühmtesten Inca-Könige sind heute in Perú Volkshelden bis hin zur politischen Vereinnahmung. Dazu gehört natürlich Atuahalpa, der an der Macht war, als die Spanier eintrafen und ihn 1532 gefangenahmen.
Vor allem aber Túpac Amaru, der im April 1572 den Spaniern den Krieg erklärte, mit seiner Streitmacht unterlag und im November in der alten Inca-Haupstadt Cuzco öffentlich hingerichtet wurde. Túpac Amaru gilt als der letzte Inca, als eine tragische Figur. Eine der aktivsten Terrorgruppen der peruanischen Politik zwischen 1980 und 2000, die für den Tod von 1.300 Menschen  verantwortlich gemacht wird, nannte sich Movimiento Revolucionario Túpac Amaru.

Volksmusik aus den Anden
Kulturell sind die Inca heute massiv, jedoch oberflächlich, beinahe folkloristisch präsent. Gleichwohl: ihre Sprache Quechua wird von vielen Millionen Menschen gesprochen, wenn auch kaum gepflegt. Die Namen von Landschaften, Orten, Pflanzen und Kulturtechniken haben Wurzeln in der Inca-Kultur. Darunter ist allerdings auch Volkstumsglauben bis hin zum beinahe schmanistischem Kult der Pacha Mama, der Mutter Erde. Politiker aus der Hauptstadt treten inzwischen in den Andenprovinzen grundsätzlich mit irgendeinem Versatzstück lokaler Inca-Trachten auf. Die Inca sind angesichts der wiederentdeckten indigenen Vielfalt so etwas wie der kleinste gemeinsame Nenner des indigenen Elements in der peruanischem Öffentlichkeit. Das setzt sich fort in der Populärmusik

Hier andinische Volksmusik auf Niveau Kastelruther Spatzen

Andererseits der Jazzmusiker Jean-Pierre Magnet mit seinem Andino-Jazz

Offizielles Video über eine Folklore-Produktion des Staatlichen Peruanischen Nationaltheaters in Lima.

Hier als Schnulze aufbereitet, nur noch Versatzstücke, von der populären Sängerin Amanda Portales

Das nationale Wahrzeichen: Machu Picchu
Weltberühmt sind die Inca durch die Bergstadt Machu Picchu geworden, die von ihnen ab Mitte des 15. Jahrhunderts auf 2.500 Meter Höhe errichtet wurde. Die Stadt war nie ganz verlassen, wurde 1924 durch einen US-Amerikaner „entdeckt“ und wieder zugänglich gemacht. Machu Picchu ist heute eines der meistfotografierten Touristenmotive der Welt und für Perú ein nationales Wahrzeichen wie die ägyptischen Pyramiden oder der Eiffelturm.

Ausstellung in Berlin über die Inca
Hier Fotos aus einer sehr empfehlenswerten Ausstellung im Ethnologischen Museum in Berlin-Dahlem, die ich mir vor zwei Wochen angeschaut habe.

Inca: Waffen
Waffe

Inca: Kriegsszenen – nackte Gefangene werden blutend abgeführt.
Kriegszenen

Inca: Mais (Metallobjekt)

Mais als Metallobjekt

Inca: Menschenopfer
Menschenopfer

Inca: Werkzeuge
Werkzeug

Inca: Färbemittel

Farbstoff

Inca: Instrumente

Instrumente

Inca: Rauschszenen (links das Maisbier Chicha, rechts Coca)
Drogen

Hier alle 83 Fotos der Ausstellung in einer Diashow

Präkolumbianische Kulturen Perús: Die Moche

1492 entdeckte Kolumbus Amerika, 1532 übernahmen die Spanier Perú. Was aber war davor? Wie sah die peruanische Antike aus, wie das Mittelalter? Der schmale Küstenstreifen entlang des Pazifik und die Täler der Anden sind bereits seit Jahrtausenden besiedelt, von einander ablösenden und gegenseitig beeinflussenden Kulturen. Aus Sammlern und Jägern entwickelten sich Ackerbauern und Viehzüchter, Handwerker, religiöse und politische Eliten, urbane Zentren und ganze Reiche. Eine der frühesten Hochkulturen sind die Moche. Statt ausführlicher Wikipedia-Artikel  hier ein paar Fakten und Bilder über die Kultur der Moche.

Siedlungsgebiet der Moche im Norden Perús

  • Zeitraum der Moche-Kultur: etwa 200 v.Chr. bis 800 n.Chr.
  • Ausbreitungsgebiet: in den Tälern und dem Küstenstreifen im Norden Perús
  • Ackerbau: Mais, Bohnen, Kartoffeln mit Bewässerungssystem sowie Nutzviehhaltung
  • Handwerk: Keramik, Metallurgie, Lehmziegelbau, Steinbearbeitung
  • Politik: hierarchisch-diktatorische Systeme, kriegslüstern
  • Religion: komplexe Kosmologie ist Kern aller Kultur mit strengen, blutigen Ritualen
  • Kultur: mündliche, nahezu schriftlose Tradition. Aller Ausdruck ist religiös-rituell
  • Drogen: Zwei Rauschmittel haben einen hohen Stellenwert in der Moche-Kultur: Das Getränk Chicha aus vergorenem Mais und die Blätter des Coca-Strauches.
  • Städtebau: Lehmziegelarchitektur, Kulträume und Gräber als aufwendige Pyramiden
  • Ende: Städte wurden vermutlich auf Grund ökologischer Großkatastrophe (Dürre) aufgegeben.

Alles, was wir von den Moche wissen, sind Rückschlüsse aus Ruinen und Gräbern, die aus dem Sand ausgebuddelt wurden. Solche Spuren allerdings gibt es inzwischen reichlich, dank des trockenen Klimas. Die Menschen verschwanden und die Städte und Bauten verwandelten sich in Sandberge. Allein die Sammlung des Museo Tumbas Reales de Sipán umfasst tausende von Keramikstücken, (Edel-)Metallteilen, Textilien, Holzresten, Waffen usw. Das Museum befindet sich in Chiclayo, 800 km nördlich von Lima, wurde 2002 neu errichtet und enthält Funde aus in den 90ern gesicherten Königsgräbern.

So viel steht fest: die Moche verfügten über entwickelte Technologien, um derartige Dinge herzustellen, um zumindest zeitweise einen Staat aufrechtzuerhalten, der aber offenbar blutrünstig war. Menschenopfer im großen Stil sind belegbar.

Ich war im Ethnologischen Museum in Berlin-Dahlem. Dort befindet sich eine kleine Ausstellung über die präkolumbianischen Kulturen Perús.

Keramik der Moche
Mann mit Cocatasche auf dem Rücken.
Gefangener

Keramik der Moche
Keramikobjekt

Ein Maiskolben (Metall) aus der Moche-Kultur
Mais als Metallobjekt

Silberobjekt aus der Moche-Kultur
Silberobjekt

Keramik der Moche
Keramikobjekt

Keramik der Moche (Fischfang)
Keramikobjekt

Keramik der Moche
Keramikobjekt

Keramik der Moche
Keramikobjekt

Nett anzuschauendes Amateur-Video über die Ausgrabung der Huaca del Sol y de la Luna in Trujillo. Dort befindet sich eine große Lehmziegelpyramide, die innen sehr aufwendig gestaltet wurde.

Google als Bildwörterlexikon: Mazamorra, Yuquita und Juane

Die Bildersuche von Suchmaschinen wie Google ist das Bildwörterbuch unserer Zeit. Was kann ein Bildwörterbuch? Es visualisiert Begriffe, für die man zwar die Entsprechung in der eigenen Sprache kennt, unter denen man sich aber genausowenig vorstellen kann, wie unter dem fremdsprachlichen Ausdruck.

Beispiele gefällig?

Wir sind über drei neue, uns unbekannte Gerichte gestolpert.

Das Maisdessert: Mazamorra
Mazamorra besteht aus einer Gelatinemasse, unserer Roten Grütze von der Konsistenz her nicht ganz unähnlich, angedickt mit chuña – einer Kartoffelstärke. Wichtigste Zutat ist eine bestimmte Maissorte. Es handelt sich um dunkelroten Mais – maíz morada. Mais ist – neben der Kartoffel (la papa) – bereits Grundnahrungsmittel der präkolumbinanischen Zivilisationen gewesen und hat bis heute eine große Bedeutung in Südamerika. Es gibt daher viele verschiedene Sorten.

Hier ein Screenshot mit dem Ergebnis der Google-Bildersuche nach Mazzamorra. Ganz oben links sieht man einen der roten Maiskolben. Generell gibt es offenbar viele Zubereitungsmöglichkeiten: mit Milchreis, mit Kürbiseinlage usw.

Die frittierte Palmenwurzel: Yuquita
Sie steht in viele deutschen Wohnzimmern: die Yucapalme. In Chile kommt ihre Wurzel auf den Tisch. Und zwar in Mehl gewälzt und dann frittiert. Nennt man dann Yuquita. Gibt es offenbar sogar in industriell verarbeiteter Form als Snack, wenn wir die Tüte in einem der Fotos richtig deuten.

Der Palmenkopf aus dem Dschungel: Juane
Zuletzt ein Reisgericht, gerne mit Huhn und diversen Gemüsen vermischt. Das wird dann in ein Palmenblatt gewickelt und gedünstet. Das Gericht kommt, man ahnt es, aus dem peruanischen Amazonasgebiet. Oder, wie es in vielen Beschreibungen immer wieder heiße: la selva – die übergrüne Dschungelwildnis.

Die peruanische Küche ist vielfältig und mit Googes Bildersuche ist es ein leichtes, sich diese Welt visuell orientiert zu erschließen.