Die Tochter des Diktators

El Perú wurde zwischen 1990 und 2001 quasi diktatorisch regiert von Alberto Fujimori. Zunächst überraschend zum Präsidenten gewählt, höhlte er im Laufe dieser Jahre den Parlamentarismus systematisch aus, verpasste Perú eine neoliberale, wirtschaftliche Rosskur und schnitze sich eine neue Verfassung. Zwar wurde er zweimal wiedergewählt, aber diese Wahlen müssen als wenig fair und gelenkt bezeichnet werden. In Fujimoris Amtszeit fällt die Zerschlagung der Guerillaorganisation Sendero Luminoso mit allerdings brutalen Mitteln und massiven Menschenrechtsverletzungen. Fujimori versank 2001 in einem riesigen Korruptionsskandal, setze sich nach Japan ab und wurde 2005 nach seiner Auslieferung durch Chile in mehreren Prozessen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Fujimori hat Folterungen geduldet und Massaker angeordnet.

Inzwischen ist der 74-Jährige an Krebs erkrankt und pendelt nach mehreren Operationen zwischen Krankenhaus und Justizvollzugsanstalt, genauer gesagt dem Sitz der Dirección de Operaciones Especiales (Diroes) de la Policía Nacional del Perú – der Direktion für Spezialeinsätze der Nationalpolizei Perús. Allerdings verschlechtert sich Fujimoris Gesundheitszustand wohl rapide. Diesen Eindruck wollte auf jeden Fall seine Tochter Keiko Fujimori vermitteln, als sie heute vor die Presse trat und ankündigte, ihr Vater werde ein Gnadengesuch beim amtierenden peruanischen Präsidenten einzureichen. Kern der Botschaft: Alberto Fujimori sei todkrank, haftunfähig und solle aus humanitären Gründen auf freien Fuß gesetzt werden. Ihr Statement war heute der Aufreger in den peruanischen Medien.

Hier eine Videoaufzeichnung: http://peru21.pe/politica/pedido-sus-hijos-alberto-fujimori-pide-indulto-humanitario-2044230

Die Tochter des Diktators ist nicht irgendwer sondern inzwischen selbst in der Politik tätig. Die 39-Jährige trat bei den Wahlen im Frühjahr 2011 für die Partei Fuerza 2011 – Kraft 2011 – als Spitzenkandidatin an. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: mit 23,5 Prozent holte die Partei 37 von 130 Sitzen im peruanischen Parlament und stellt damit die zweitstärkste Fraktion im peruanischen Parlament. Bei der gleichzeitig stattfinden Direktwahl des Präsidenten unterlag Keiko Fujimori mit 48,5 Prozent nur knapp gegen den aktuellen Amtsinhaber Ollanta Humala (51,5 Prozent).

Die Sache ist verworren: Vater und Tochter haben bereits zu Amtszeiten Fujimoris viele gemeinsame Auftritte bestritten, denn die Tochter trat nach der Scheidung der Eltern 1994 als eine Art First Lady auf. Jahrelang verteidigte sie später ihren Vater und sammelte dessen politisches Erbe ein. Mehrere Untersuchungen des peruanischen Staates haben in der Zwischenzeit versucht, ihre Verhältnisse zu überprüfen, nachweisen konnte man ihr allerdings nichts. Heute ist die Tochter des Diktators eine populistische Ordnungspolitikerin, die die wirtschaftlichen Maßnahmen ihres Vaters als bahnbrechende Reformen preist. Ein eindeutige Distanzierung von dessen Verbrechen hat nie stattgefunden.

Foto: Foto des Congreso de la Republica del Perú – Kongress der Republik Perú. Frau Fujimori empfängt eine Delegation des Europäischen Parlamentes. Veröffentlich auf Flickr unter CC-Lizenz

[Update: Grade noch gesehen: Brief von Alberto Fujimori, in dem er seinen miserablen Gesundheitszustand beschreibt. Diagnose: Zungenkrebs. Aus El Comercio]

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